Achtsamkeit wird oft als spirituell verstanden und Meditation wird einer Wohlfühlfraktion zugeschrieben, die nicht hart arbeiten muss. In diesem Beitrag beleuchte ich die Bedeutung von Achtsamkeit für den Erfolg einer Firma in der heutigen Zeit und beschreibe, warum Google und SAP diesem Thema einen besonders hohen Stellenwert zuschreiben.
Begeisterte und erfolgreiche Menschen sind die Basis für eine erfolgreiche Firma. Das würde heute jeder Vorstand so unterschreiben. Wir haben dabei das Bild eines begeisterten und kompetenten Mitarbeiters im Kopf, der in einem Team Verantwortung übernimmt, selbstständig Themen bewegt, dabei kritisch hinterfragt und über den Tellerrand schaut. Als Teamplayer bewegt er erfolgreich mit anderen Themen, ohne dass dabei sein Ego im Vordergrund steht, der Sinn und der Erfolg des Produkts treiben ihn an.
Doch wo findet man diesen begeisterten und erfolgreichen Mitarbeiter?
Gefühle ignorieren
„Gefühle passen nicht zu uns!“ – Diese Aussage höre ich immer wieder, wenn ich mit Teams und Führungskräften arbeite. Es zählen oft nur Zahlen, Daten und Fakten. Wir müssen rational bleiben und der vorgegebenen Richtung des Chefs folgen.
Diese Kultur ist geprägt von der Rationalisierung der Welt. Die Kommunikation verläuft vermeintlich nur auf der Sachebene, doch die Symptome der unterdrückten Gefühle treten besonders in Meetings zu Tage. Ein Gefühl lässt sich dort auffallend oft beobachten – ANGST!
Die Symptome der Angst findet man in Form von Totschlagargumenten, der Investition von Zeit und Energie, um sich selbst im besten Licht darzustellen und dem Verbergen von Schwächen und Fehlern. Aus Angst Fehler zu machen, findet seltener kritisches Hinterfragen und eigenverantwortliches Arbeiten statt.
Hier kann kaum Begeisterung, als Gefühl und Erfolgsfaktor, entstehen.
Stress – Wer kennt ihn (nicht)?
Im Arbeitsalltag wirkt sich Stress in sehr unterschiedlicher Form aus und ist oft ein Resultat der Vermeidungsstrategien der Angst.
Wir fühlen uns matt, kraftlos und irritiert – einfach gestresst. Wir können die Gedanken oft nicht mehr loslassen und beschäftigen uns permanent mit dem nächsten Meeting, den vielen Aufgaben und dem unbewusstem Gefühl nicht versagen zu dürfen.
Auch die nächste Selbstmanagement Schulung nach „Getting things done“ hilft uns nur bedingt weiter. Das eigentliche Problem ist nicht unsere Organisation, sondern die unbewusste Auseinandersetzung mit den verdrängten Gefühlen im Zusammenhang mit dem nächsten Meeting mit dem Chef. Auf Dauer wirkt sich das körperlich aus, weil der wahrgenommene Stress zu einem im ständigen Alarmzustand befindlichem Körper führt. Wir können uns nicht einmal mehr in den Schlafphasen erholen.
In Wahrheit sind wir Getriebene unser unterdrückten Gefühle.
Achtsamkeit – Auf sich selbst achten
Bei Achtsamkeit geht es in erster Linie darum, auf sich selbst zu achten – Ein bewusstes Beobachten vom Fühlen, Denken und körperlichem Erleben.
Gefühle sind immer ein Teil von uns und steuern in einem sehr hohen Maße unsere Wahrnehmung. Wenn wir sie nicht bewusst wahrnehmen, bestimmen uns erlernte Konzepte und Gefühle und wir handeln automatisch ohne richtig nachdenken zu können. Genau hier setzt Achtsamkeit, als erster Schritt zur Emotionalen Intelligenz, an.
Das bewusste Wahrnehmen der Emotionen und körperlichen Verankerungen ermöglicht mir zu unterscheiden, welche Themen sind eigentlich bei mir und welche bei den anderen.
Man kann Situationen bewusster wahrnehmen und urteilsfreier und präsenter in den Situationen agieren, ohne durch verdrängte Gefühle getrieben zu sein. Diese Wahrnehmung ermöglicht eine größere Reaktionsflexibilität, da man sich bewusster für oder gegen Themen entscheiden kann.
Vom Stress zur Begeisterung
Achtsamkeit ist eine Form der Meditation bzw. ein Entspannungstraining, um die Wahrnehmung von Gedanken, Körper und Emotionen zu trainieren. Der Google Manager Chade-Meng Tan beschreibt in seinem Buch „Search inside yourself“ die einfachste Form der Achtsamkeitsmeditation. Sie besteht darin 2 Minuten einfach nur zu sitzen und auf seinen Atem zu achten.
Er schreibt hierzu:
„Ich scherze gern, dass dieser Zeitrahmen ideal ist, da er der Aufmerksamkeitsspanne eines Kindes und eines Ingenieurs entspricht.“ [1]
Achtsamkeit kann man trainieren
Achtsamkeit ist ein Training für den Geist, genau wie Training für die Muskeln. Man trainiert für einen kurzen Zeitraum sich nicht von Gedanken bestimmen zu lassen, seinen Körper, seinen Gefühlen und die innere Ruhe und Kraft in sich selbst wahrzunehmen.
Schon 2 Minuten Achtsamkeit am Tag können unser Leben verändern. Es gelingt uns dadurch, in stressigen Situationen bewusst inne zu halten und zu hinterfragen: „Warum habe ich das Gefühl, meinem gegenüber den Kopf abreißen zu müssen?“ Das hat in erster Linie mit unbewussten Stressauslösern zu tun und erst im zweiten Schritt mit dem Verhalten des Gegenübers.
Diese Erkenntnis führt zu einer Distanzierung der psychischen Muster und kann einen beim nächsten Mal etwas entspannter reagieren lassen. Im Laufe der Zeit wird man sich seiner Stressauslöser immer bewusster und kann gezielt sein Verhalten ändern. Das verändert die Wahrnehmung auf das Umfeld sowie den Kollegen und man kann sich bewusster entscheiden, wie man handeln möchte.
Wenn der unbewusste Stress nicht mehr das Handeln und die Gefühlswelt bestimmt, hat man die Freiheit und Energie sein Handeln in die Themen zu investieren, die einen begeistern und positiv vorantreiben. Der Stress macht der Begeisterung Platz.
Emotionale Intelligenz
Die Fähigkeit eigene und fremde Gefühle (korrekt) wahrzunehmen, zu verstehen und zu beeinflussen, ist die Grundlage für eine reibungslose Kommunikation und Zusammenarbeit. Eben diese Fähigkeit verstehen wir als Emotionale Intelligenz. Der fachlich beste Mitarbeiter scheitert als Führungskraft, wenn es ihm an Emotionaler Intelligenz fehlt. Es zählen nicht nur kognitive und akademische Fähigkeiten als Voraussetzung für den Erfolg im Leben.
Betrachtet man erfolgreiche Führungspersönlichkeiten findet man bei ihnen eine hoch ausgeprägte Emotionale Intelligenz. Man beobachtet eine große Klarheit und Selbstvertrauen, die Fähigkeit andere emotional zu erreichen und zu begeistern sowie eine ausgeprägte Führungsstärke. Gleichzeitig führt Emotionale Intelligenz zu einer Ausgeglichenheit, einer inneren Ruhe und hohen Resilienz.
Die gute Nachricht ist: Emotionale Intelligenz kann man lernen!
Wie machen es andere?
In seinem Buch „Search inside yourself“ beschreibt der Google Manager Chade-Meng Tan die Prinzipien und Ansätze des erfolgreichsten Mitarbeiterentwicklungsprogramms bei Google. Im Kern besteht dieses Trainingsprogramm aus den Konzepten von Achtsamkeitstraining, Selbsterkenntnis und dem Training der geistigen Gewohnheiten, zur Stärkung der Emotionalen Intelligenz. Im Search Inside Yourself Leadership Institute bietet Chade-Meng Tan mit seinem Team diese Erfahrungen auch außerhalb von Google an.
Als weiteres Beispiel, bietet SAP seit 2012 achtsamkeitsbasierte Trainings, nach dem Vorbild von Googles Search Inside Yourself Programm sowie eine Vielzahl von Angeboten zum regelmäßigen Praktizieren unter dem Programm „Global Mindfulness Practice“ [2], an.
Diese Firmen haben für sich erkannt, dass ein achtsamer, zufriedener und kreativer Mitarbeiter schließlich auch erfolgreicher ist.
Fazit
Achtsamkeit ist kein spiritueller Trend. Es geht um die bewusste Wahrnehmung des eigenen Denkens, Fühlens und Handelns, um auch in Stresssituationen bewusst handeln zu können. Wer sich regelmäßig in Achtsamkeit übt, wird zufriedener, kreativer und entdeckt in sich den begeisterten und erfolgreichen Menschen, der schon immer in ihm schlummerte.
Bereits 2 Minuten Achtsamkeit am Tag können dein Leben verändern!
[1] Chade-Meng Tan, Search Inside Yourself: Optimiere dein Leben durch Achtsamkeit, Goldmann Verlag, S. 53
[2] Torsten Falk: „Achtsamkeitstraining: Klar im Kopf“, unter: http://news.sap.com/germany/klar-im-kopf/
One response
Danke Oliver für diesen Beitrag! Deine Gedanken zum Thema Stress und ignorierten Gefühlen treffen den Nagel auf den Kopf.